Friedrichstraße 4, vorher Friedrichstr. 1

Die alte Postkarte von 1898 zeigt das Gasthaus „Zum Taunus“ in volllständigem Ausbau mit Kegelbahn und großem Tanzsaal. In der Frontansicht erkennbar ist der angesetzte Teil des Hauses (rechts ab dem Fallrohr der Dachrinne). Im neuen rechten Bereich war die Kegelstube mit der Kegelbahn, die unter dem großen Tanzsaal verlief. Der Abstand der Brandmauer des Anbaus an das kleine Nachbarhaus war bedrohlich knapp. Auf dem unteren Bild ist der große Saal mit der hinteren Holztreppe zu sehen. Der Saal ist in Fachwerkbauweise erstellt, was preisgünstiger war. Jahrzehnte später wurde das Fachwerk verputzt, weil nach dem Zeitgeist Fachwerk irgendwann unmodern war. Aus heutiger Sicht würden die Gäste des Biergartens eine Fachwerkwand sicher begrüßen.
Unter der Holztreppe ist die Gäste-Latrine erkennbar. Die Gartenwirtschaft erscheint größer als heute, weil anfangs noch das gesamte Grundstück bis zum noch offenen Dornbach dafür genutzt wurde. Zu erkennen sind vor der dem Saal die Linden, hier etwa 15 Jahre alt, die bis heute stehen und zu imposanten Bäumen gewachsen sind.

Geschichte des Gasthauses

Das Gasthaus “Zum Taunus“ bestand ursprünglich seit Beginn des 19. Jahrhunderts in der Friedrichstr. 1. Es wurde von der Familie Raab in drei Generationen betrieben. Der Neubau in der Friedrichstr. 4 wurde von Friedrich Ludwig Raab mit seiner Tochter Kätchen und seinem Schwiegersohn Fritz Wagner erbaut. Die Wagners, besonders die Wirtin „Anna Wagner“, machten das Haus weit über die Grenzen Oberstedtens hinaus bekannt. Die Bekanntheit der Wirtin Anna und ihre besondere Art prägten ab den 1960er Jahren bei den zahlreichen Gästen den Namen „Tante Anna“ für die Gaststätte. Es ist die letzte erhaltene Gaststätte der vielen früheren Oberstedter Gasthäuser.

1893  Bau der Gaststätte „Zum Taunus“ mit kleinem Saal im Obergeschoss. Viele Gäste kommen auch wegen des sehr guten selbstgekelterten Apfelweins.

1896  Schon kurz nach Eröffnung des Hauses wird ein Anbau mit Kegelbahn und großem Tanzsaal im Obergeschoss erstellt. Unter dem Saal betreiben Fritz und Kätchen Wagner eine teilweise überdachte Gartenwirtschaft (siehe Postkarte oben von 1898), die bis zum dahinter verlaufenden Dornbach reicht.

1930  Saal und Gaststätte erhalten einen Anbau mit zusätzlicher Saaltreppe und WC.

1938  Neue Brandschutzregeln erfordern einen weiteren Anbau hinten am Saal mit gemauertem Treppenhaus, wobei auch eine große Bühne mit Umkleide entsteht.

1939  Die Gaststätte wird jetzt offiziell von den vier Geschwistern Fritz, Philipp, Anna und Sophie Wagner betrieben. Im Zweiten Weltkrieg werden Flächen zur Unterbringung von ausgebombten Firmen und Kriegsgefangenen konfisziert.

1947  Nach dem Krieg ist die Lust wieder zu Feiern bei den Menschen groß. Im Saal und der Gaststätte werden große Feste mit bis zu 600 Besuchern gefeiert.

1957  Nach dem Bau von modernen landwirtschaftlichen Stallungen im Hof gegenüber nimmt die Zahl von bäuerlichen Besuchern aus ganz Hessen zu, die scharenweise mit Bussen kommen, die Stallungen besichtigen und im Gasthof einkehren. Besonders an Fasching und zur Kerb vor dem Gasthaus finden große Feiern im Saal statt. Neben Tanzveranstaltungen, Theaterstücken und Filmvorführungen, finden hier auch politische Veranstaltungen und die Treffen vieler Vereine statt. Im Sommer hat die Gartenwirtschaft bei gutem Wetter unzählige Gäste aus Nah und Fern.

1975  Als letzte noch lebende der Geschwister Wagner gibt Anna („Tante Anna“) den Betrieb der Gaststätte aus Altersgründen auf. Danach wird die Gaststätte von Pächtern betrieben. Anna Wagner stirbt 1984.

1994  Die Familie Tegos pachtet die Gaststätte von der Familie Wagner und bietet hier bis heute griechische und deutsche Spezialitäten an.

 

Wirtin Anna Wagner, die später weit über die Grenzen Oberstedtens bekannt und beliebt war und von den zahlreichen Gästen liebevoll „Tante Anna“ genannt wurde. Sie hatte viele Verehrer, blieb aber zeitlebens ledig.

 

Der Wirt Fritz Wagner (2) in der Tür des schon in die Jahre gekommenen Traditionsgasthauses. Er war mit seinem Sohn Fritz Wagner (3) auch für den Betrieb der Landwirtschaft zuständig. Es wurden Rinder und Schweine gezüchtet und eine Pferdezucht mit edlen Pferderassen betrieben. Auf vielen Streuobstwiesen wuchsen die Äpfel für den berühmten „Hohenastheimer“ (Apfelwein) der Gaststätte.

Bustouristen, wie sie scharenweise am Wochenende kamen. Tante Anna unter dem Fenster mit Schürze zwischen ihnen. Viele Kleinbauern aus Hessen wollten die damals modernen Stallungen des Wagner-Hofs gegenüber der Gaststätte besichtigen, um sich Anregungen zu holen. Danach wurden in der Gaststätte oder in der Gartenwirtschaft der berühmte Apfelwein reichlich gekostet und die riesigen Rippchen mit Kraut und dem selbst gebackenen Brot von Sophie probiert.

 

Anna und Sophie Wagner Ende der 60er Jahre. Anna war für die Gäste zuständig, Sophie arbeitete und lebte in der Küche.

 

Das Gasthaus mit erweitertem Saal mit neuer Bühne im Jahr 1937.

 

Ende der 80er Jahre.

 

Lage der Gaststätte „Tante Anna“ im alten Zentrum von Oberstedten.

 

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